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Wahrheit-Lüge-Täuschung Teil 2

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Die (Un-)Moral der Alltagslüge

 Vortragsabend mit Dr. Alexander Flierl

// Dienstag, 14. Januar, Katholische Hochschulgemeinde, Würzburg




Karl-Theodor zu Guttenberg, Baron Münchhausen, Bischof Tebartz-van Elst. „Lügen sind allgegenwärtig. Sie machen unseren Alltag aus.“ Mit diesen Worten beginnt Dr. Alexander Flierl seinen Vortrag zum Thema „Die (Un-)Moral der Alltagslüge“ am 14. Januar in den Räumlichkeiten der Katholischen Hochschulgemeinde (KHG) Würzburg, zu dem der Ethik-AK der KHG eingeladen hatte. Flierl stellt zu Beginn fest, dass es sich insbesondere Personen des öffentlichen Lebens nicht leisten können zu lügen. „Bzw. können Sie es sich nicht leisten, bei einer Lüge erwischt zu werden.“, ergänzt der promovierte Theologe. Rund 20 Interessierte lauschen gespannt dem sympathischen Pastoralreferenten der KHG Regensburg. Abschluss des Vortrags bildet eine intensive Diskussion über die Gewichtung von Lügen im Alltag und die Frage: Wie schlimm ist eine Lüge, wenn Sie (dritten) hilft?Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht.

„Dieses Sprichwort kennen Sie sicher alle.“, wirft Dr. Alexander Flierl in die Runde und zeigt zu Beginn seines Vortrags ein Gerüst aus historischen Definitionen, aktuellen Interpretationen und den Konsequenzen einer Lüge auf. Dass Lügen in der Regel Misstrauen ernten, Integrität untergraben und zu Machtverlust führen, sei klar. „Doch gilt all das nur für Lügen, die als solche auffliegen.“, betont der Theologe. Als Nenngröße für eine Definition des Begriffs „Lüge“ führt Flierl Augustinus von Hippo an. Als Kirchenlehrer der Spätantike und wichtiger Philosoph setzte Augustinus die These auf: „Unter einer Lüge versteht man[…] eine unwahre Bezeichnung mit der Absicht zu täuschen.“ Die dadurch als bewusste Falschaussage mit Täuschungsabsicht definierte Handlung einer Lüge ist für Augustinus – und somit weitgehend auch für die Katholische Kirche – stets moralisch verwerflich. Denkt man diese strengen Ausführungen zu Ende, stellt sich für den Referenten die Frage, ob nicht die Kirche selbst auf einer Lüge aufgebaut ist. „War doch Petrus, der Jesus dreimal verleugnete und somit die Unwahrheit sprach, selbst ein Lügner. Da auf seinem Rücken das Papsttum und die Kirche gebaut sind, kommt man mit Augustinus Argumenten in einen diskussionswürdigen Bereich.“, erklärt Flierl.

Ihm ist es wichtig herauszuarbeiten, welche Dimensionen bei Kommunikation – und somit auch beim Aussprechen von Wahrheit oder Lüge – betroffen sind. Zum einen führt er die sachliche Richtigkeit an. „In der akademischen Welt der Fakten darf diese Dimension nicht verletzt werden.“ Auf der Ebene der personalen Selbstäußerung, also der subjektiven Wahrhaftigkeit, ist das strikte Unterscheiden von richtig und falsch nicht so einfach. „Hier kommt es darauf an, was die jeweilige Person als richtig ansieht und vor allem was sie aussagen möchte“, ergänzt der Pastoralreferent. „Und in der dritten Dimension, der normativen Richtigkeit, kommt es auf die Bezugspunkte der Kommunikation an“, erklärt Dr. Alexander Flierl. Ein Theologe wird der Aussage ‚Gott hat die Welt erschaffen’ in Bezug auf die Schöpfungsgeschichte zustimmen. Ein Naturwissenschaftler wird dies zurückweisen. „Je nach Kontext ist die Aussage also gelogen oder wahr.“

Die anschließende Diskussion beschäftigt sich insbesondere mit Wissen als Macht und der daraus resultierenden Frage, in wie weit dieses verschwiegen, nur teilweise genannt oder komplett ausgesprochen werden darf. Das Beispiel eines Arztes, der gegebenenfalls Hoffnung schaffen kann, indem er Patient oder Patientin über die Lebenserwartung belügt, beschäftigt das Plenum insbesondere. Begeht er wissentlich eine Falschaussage? Ist diese moralisch vertretbar? Oder ist sie gar moralisch notwendig, da die verbleibende Lebenszeit von höherer Güte ist? Mit Fortschreiten der Diskussion zeichnet sich ab, dass Fragen über Moral oder Unmoral, Ethik, Wahrheit und Lüge subjektive Antworten fordern. „Eine allgemein gültige Regel kann es nicht geben.“, sagt Alexander Flierl und schließt seinen Vortrag. Das Plenum bedankt sich mit Applaus. Und das Resümee des Abends: Lügen haben kurze Beine – doch auch damit kann man einen Marathon laufen.

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